Der Erstbeste ist selten die beste Lösung»: Ex-Spieler Patrick Brändli sucht nun selber Spieler für den HC Thurgau
Von 2016 bis 2021 stürmte Patrick Brändli für den HC Thurgau. Seit diesem Frühjahr ist er der Sportchef des Ostschweizer Swiss-League-Klubs. Im Interview erklärt der 27-Jährige, weshalb es ratsam ist, seine Entscheidungen wohlüberlegt zu treffen. Und er verrät, was den speziellen Reiz beim HCT ausmacht.
Fünf Jahre spielte Patrick Brändli für den HC Thurgau Eishockey. Nach seinem Rücktritt 2021 und zwei Jahren als Headcoach der U20-Equipe der Young Lions ist der 27-jährige Klotener, der seit sieben Jahren im Thurgau wohnt nun neuer Sportchef des Swiss-League-Klubs. Auf ihn wartet viel Arbeit.
Patrick Brändli, war es für Sie nur logisch, dass Sie nach der Karriere als Spieler und Trainer nun ins Büro des HC Thurgau wechseln?
Patrick Brändli: Ich sehe es als letztes Puzzleteil, das mir fehlte, um das Eishockey in seiner Gänze zu verstehen und zu erleben. Und ich bin sehr froh, dass mir der HC Thurgau diese Möglichkeit gibt. Es ist ja eine Herausforderung für alle, da ich in diesem Bereich noch nicht über viel Erfahrung verfüge.
Wie stellen Sie sich Ihren Posten als Sportchef vor?
Eishockey ist ein Teamsport. Und dennoch bist du als Spieler für deinen Part zuständig. Als Trainer wurde die Verantwortung schon grösser, da ich für den Erfolg des ganzen Teams geradestehen musste. Nun als Sportchef wird das Ganze nochmals grösser. Jetzt geht es darum, den Erfolg des Klubs auch längerfristig zu gewährleisten.
Welches Potenzial sehen Sie im HC Thurgau?
Wenn du diese Arbeit gut machen willst, dann musst du an die Sache, die Leute im Klub und dessen Umfeld glauben. Und das tue ich bei Thurgau.
Was reizt Sie besonders an dieser Herausforderung?
Ich kenne den Klub als Spieler und Trainer sehr gut und erkenne das Verbesserungspotenzial. Zudem hat mir der frühere Headcoach Stephan Mair einst gesagt, dass es spannender sei, bei einem Klub zu arbeiten, der mit wenig Geld auskommen muss. So sei man stets gezwungen, kreativer zu sein als die anderen, um Erfolg zu haben. Er hat Recht damit. Das macht die Herausforderung interessant.
Wo sehen Sie beim HCT Raum zur Verbesserung?
Grundsätzlich finde ich, dass der Klub in den vergangenen Jahren sehr gute Arbeit geleistet und sich positiv entwickelt hat. Aus meiner Sicht könnte die Zusammenarbeit zwischen dem Swiss-League-Bereich und dem Nachwuchs noch besser sein. Unser Ziel muss es sein, nachhaltig junge Spieler in das Fanionteam einzubauen. Wir müssen uns aber nichts vormachen: Das wird ein langer Weg.
Wo wollen Sie punkto Swiss League Pflöcke einschlagen?
Wir müssen uns noch mehr überlegen, welche Spieler wir zu Thurgau holen und weshalb. Wir müssen erkennen, wo ihr grösstes Entwicklungspotenzial ist.
Sie haben Ihre Arbeit als Sportchef erst vor kurzem aufgenommen. Was können Sie für die Saison 2023/24 überhaupt schon bewirken?
Ich denke, es wird durch den Wechsel von Urban Leimbacher zu mir eine Übergangsphase geben. Und ich bin mit meinen Überlegungen jetzt schon bei der Saison 2024/25. Auch ist meine Position beim HCT ja kein Hundertprozentjob.
Im Moment scheint es, als sei der HC Thurgau in der Kaderplanung in Rückstand im Vergleich zur Konkurrenz.
Das finde ich nicht. Uns ist bewusst, dass wir noch die eine oder andere Verstärkung brauchen. Aber wir brauchen die richtige Verstärkung für uns – und nicht irgendeine. Und erfahrene, gute Swiss-League-Spieler, die in unser Budget passen, gibt es nicht in Massen.
Welche Elemente fehlen dem aktuellen Kader noch?
Natürlich zwei Ausländer. Und wir brauchen nächste Saison zwei gute Ausländer, die diesem Team helfen – auch mit Skorerpunkten. Soviel steht fest.
Und ganz grundsätzlich?
Uns würde auch ein Schweizer Skorer guttun. Aber mit unserem Budget können wir nicht einfach auf Einkaufstour. Für meinen Geschmack braucht das Kader zudem mehr Erfahrung. Wenn diese Spieler auch Punkte liefern, umso schöner. Aber wir haben viele Junge im Team, die nächste Saison ihren nächsten Schritt machen müssen und für Skorerpunkte gut sind.
Wenn der HC Thurgau kein Geld für einen Skorer hat, dann bekommt er einen abgehalfterten Profi, der seine Karriere ausklingen lassen wird. Kann das der Anspruch des Klubs sein?
Das ist genau der springende Punkt. Deshalb müssen wir in unserer Situation oft abwarten und uns fragen, ob sich nicht eine andere, bessere Lösung ergibt. Der erstbeste Name ist selten die beste Lösung.
Verteidiger laufen davon: Das Prunkstück des HC Thurgau zerfällt
Vergangene Saison bezeichnete der Swiss-League-Klub Thurgau seine Verteidigung als Prunkstück des Teams. Tatsächlich war die Defensive mit den Routiniers wie Captain Patrick Parati, Kevin Kühni, Fabian Ganz, Marco Forrer und Adam Rundqvist formidabel besetzt. Doch vom erwähnten Quintett bleibt nur Kühni übrig für die Saison 2023/24. In den vergangenen Wochen verlor der HCT nacheinander Parati (Rücktritt), Forrer (zu La Chaux-de-Fonds), Ganz (zu Olten) und schliesslich noch Rundqvist (zu Ajoie).
Rundqvist – beim HC Thurgau Playoff-Topskorer –nutzte eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag mit Thurgau, um sich Ajoie aus der National League anzuschliessen. Die Jurassier hatten den 32-jährigen Schweden mit Schweizer Lizenz für die Ligaqualifikation gegen La Chaux-de-Fonds mittels B-Lizenz ausgeliehen. So könnte aus Thurgaus Prunkstück innert kürzester Zeit ein Sorgenkind werden. Zumal auch die Goalieposition nach dem Abgang von Bryan Rüegger (zu Fribourg/NL) etwas schwächer besetzt sein dürfte als zuletzt.
Stand heute wird die Verteidigung des HCT künftig von Gian Janett, Kevin Kühni, Silvio Schmutz und Sebastiano Soracreppa getragen. Zum Kader gehören auch der 20-jährige Valentin Senn (bisher), der 19-jährige Luca Deussen (ausgeliehen von Kloten) und der 20-jährige, eigene Junior Severin Karrer. Das Torhüterduo bilden Luis Janett (bisher) und Loïc Galley (ausgeliehen von Fribourg/NL).
Zuzüge vermeldete der HCT im Betreuerstab. Nando Adank ersetzt den zu Mora (SWE) abgewanderten Karl Malmquist als Goalie- und Videocoach. Philipp Huber ersetzt Marc Peyer als Athletiktrainer