Aufbruchstimmung im HC Thurgau in der Nationalliga B Nach der neunten Runde vom Sonntag führt in der Nationalliga B der HC La Chaux-de-Fonds die Rangliste an. Solid gestartet ist der nach der Ära Burgener neu strukturierte HC Thurgau.
pic. In der Eishockey-Nationalliga-B sind Umstrukturierungen oder Rückzüge (Morges, Chur, Martigny) keine Seltenheit. Es gibt aber auch erfolgreiche Neustarts, zum Beispiel im Thurgau. Mitte Februar war der Verkauf der B-Lizenz an die neu gegründete Thurgauer Eishockey AG bekannt und von der Nationalliga-Versammlung genehmigt worden. Nach neun Jahren als Präsident und Trainer hatte der Klotener Unternehmer Felix Burgener nach einem Abstecher in die 1. Liga seine Anteile verkauft.
Hinter der neuen Gesellschaft stehen vier Aktionäre aus dem Umfeld des SC Weinfelden, die 75 Prozent des Kapitals (400 000 Franken) halten, darunter als finanzielles Schwergewicht und als Garant für wirtschaftliche Stabilität der Unternehmer, SVP-Nationalrat und ehemalige ZSC-Lions-Verwaltungsrat Peter Spuhler. Der restliche Viertel gehört der Gönnervereinigung «Business Club». Diese Verteilung spiegelt die Absicht der Eigentümer, den «neuen» HC Thurgau breiter abzustützen. Das Unterfangen scheint auf gutem Weg, seit dem Machtwechsel stiessen 50 neue Gönner (Jahresgebühr 4000 Franken) dazu, derzeit zählt die Vereinigung gegen 100 Mitglieder, Tendenz steigend. Auch beim Werben neuer Sponsoren konnten einige erfreuliche Erfolge gemeldet werden.
Die vom zurückgewonnenen Goodwill erzeugte Aufbruchstimmung freut den Verwaltungsratspräsidenten Beat Frischknecht, denn es sei «viel Geschirr zerschlagen worden in der Ära Burgener». Die Zeit drängte im Frühjahr für die neue AG. In aller Eile musste das Budget von 2,45 Millionen Franken erstellt werden, ebenso galt es, die Trainer zu suchen sowie eine komplett neue Mannschaft auf die Beine zu stellen. Von der Vorjahres-Equipe wurden nur drei Spieler übernommen. Mit Erwin Kostner kam ein erfahrener Mann als Übungsleiter an die Bande. Der 50-jährige Südtiroler, Vater der Eiskunstlauf-Europameisterin Carolina Kostner, absolvierte über 200 Partien für Italiens Nationalteam. Assistent und Identifikationsfigur ist Rückkehrer Rolf Schrepfer, der gleichzeitig selber noch mitspielt.
Die strategische Zielsetzung erfolgte auf zwei Ebenen. Sportlich soll die Mannschaft, die auch Partnerteam der Kloten Flyers ist, in den nächsten drei bis fünf Jahren wieder dorthin gelangen, wo sie während der neunziger Jahre schon regelmässig war: an die Spitze der NLB. Die politische Vision lautet: «Alle Thurgauer Eishockey-Klubs unter einem Dach». Denkbar ist für Frischknecht eine Organisation ähnlich derjenigen der ZSC Lions. Der SC Weinfelden ist bereits Partner des HCT in der 1. Liga, Gespräche mit anderen Klubs laufen nach Frischknechts Angaben «positiv».
Offen ist die Standortfrage. Mit der Kreuzlinger Arena besteht bis Ende der nächsten Saison eine vertragliche Bindung, 2009 wird die Halle in Weinfelden umgebaut. Es scheint wahrscheinlich, dass der HC Thurgau die periphere Lage am Bodensee verlassen und an seine ursprüngliche Heimstätte im Zentrum des Kantons zurückkehren wird. Dem aus jungen Talenten und Routiniers eilig zusammengewürfelten Team Kostners, das gemäss Zielsetzung das Play-off erreichen soll, gelang mit 10 Punkten aus 7 Spielen ein ansehnlicher Start in die als Übergangssaison bezeichnete Spielzeit. Mit den Zuschauern hapert es noch, die breite Öffentlichkeit zeigte sich dem Verein gegenüber zurückhaltend. Durchschnittlich 853 Besucher pro Partie bedeuten einen Bruchteil früherer Werte. Alles in allem befindet sich aber das neue Flaggschiff des Thurgauer Mannschaftssports auf Kurs, zuletzt wurde gar der Leader La Chaux-de-Fonds erstmals bezwungen (7:4).
Der Thurgau ist übrigens kein Brachland im helvetischen Eishockey. Aus der Region stammen neben Schrepfer (ex-ZSC, Bern, Rapperswil) der heutige Kloten-Verteidiger Benjamin Winkler oder der Zuger Back René Back. Der 1989 gegründete vormalige HC Thurgau wurde während neun Jahren von Felix Burgener geprägt. Der Unternehmer war einst als Retter in finanzieller Krise eingesprungen. Burgener fand Gefallen an seinem Spielzeug und fungierte, ohne tiefen technischen Background, als Präsident, Sportchef und Trainer in Personalunion – ein Novum im bezahlten Eishockey.