Ranglistenmässig leider auf dem absteigenden Ast, dafür findet der HCT redaktionell in der Topliga statt.
2. November 2006, Neue Zürcher Zeitung
Rutschgefahr im wilden Osten Weshalb der HC Thurgau im Schweizer Eishockey ein Grenzfall ist
tre. Basisdemokratische Verhältnisse sind im Spitzensport nicht mehrheitsfähig. Christian Constantin, der Präsident des FC Sion, der die Belegschaft nach dem Prinzip «L'état c'est moi» regiert und die Personalplanung nach dem Rotationsprinzip ausrichtet, wird dem nicht widersprechen. Am anderen Ende des Landes ist die Diktatur aber noch konsequenter umgesetzt: Felix Burgener, Präsident, Sportchef und Selfmade-Trainer im HC Thurgau, schaffte die lästige Gewaltentrennung vor drei Jahren ab. Das stürzte den Klub vorübergehend zwar in die Drittklassigkeit und zerstörte Burgeners Visionen vom Sturm auf die Nationalliga A. Doch nach dem Wiederaufstieg im vergangenen Frühling wird im wilden Osten wieder scharf geschossen - nicht immer sonderlich präzis allerdings und gelegentlich sogar gegeneinander.
Sackgasse Bodensee-Arena Die Nationalliga B im Schweizer Eishockey ist ein «Minoritäten-Refugium»: Sieben von zwölf Klubs kommen aus der Westschweiz oder stehen mit einem Schlittschuh im Röstigraben. Olten und Langenthal sind der frankophonen Welt zumindest verkehrstechnisch verbunden. Dem Rest bleibt die Isolation - geographisch wie wirtschaftlich: Die GCK Lions (Zuschauerdurchschnitt: 330), der EHC Chur (700) und der HC Thurgau (870) sind die Randständigen des helvetischen Eishockeys. Zürcher und Churer können ihre Existenz halbwegs mit der Nachwuchsförderung und als Personal-Zulieferer von A-Klubs (ZSC/ Lugano) rechtfertigen. Im HC Thurgau wird vor allem Geld ausgegeben: Mit einem Budget von rund 2,5 Millionen Franken gehört der Aufsteiger zu den potentesten Klubs der Zweitklassigkeit.
Doch in der Ostschweiz, in der das Eishockey grosse Tradition hat und schon viele Talente hervorbrachte (u. a. Eberle, Conte, Ton, Leuenberger, Zeiter, Ivankovic, Seger), kommt das öffentliche Desinteresse nicht von ungefähr. Es ist quasi die Quittung für Burgeners kompromisslose Vorwärtsstrategie. Auch im Thurgau lässt man sich nicht gerne sagen, wo «der Bartli den Most holt» - schon gar nicht von einem «fremden Fötzel». Und Burgener, der 43-jährige Arbeitersohn aus dem Zürcher Nobelvorort Zollikon, tut das stets ohne Rücksicht auf Verluste. Als er den Klub vor sieben Jahren übernahm, liess er die Trikot-Farbe von Grün auf Blau wechseln - was in Mostindien als Hochverrat empfunden wurde - und diktierte den Wegzug vom etablierten Spielort Weinfelden nach Kreuzlingen in die Bodensee-Arena. Von dort aus - so Burgeners Hoffnungen - sollte der deutsche Markt beackert werden. Doch statt der Euro-Millions bekam der Klub nur die kalte Schulter zu sehen. Insider schätzen die deutsche Präsenz an Thurgau-Heimspielen auf 15 bis 20 Personen. Der freie Personenverkehr scheint für Eishockeyfans nicht zu gelten.
Rückkehr nach Weinfelden? Heute spielt der HC Thurgau wieder in Grün, aber im Dorf ist die Kirche noch lange nicht. Denn Burgeners Alleingang hat viele einstige Geldgeber vor den Kopf gestossen. Deren Engagement konzentriert sich mittlerweile auf den Erstligisten Weinfelden und die angestrebte Sanierung der alten Eishalle. Ziel dieser «Gegenbewegung» ist der Aufstieg des SC Weinfelden in die Nationalliga B. Peter Spuhler, ZSC-Lions- Verwaltungsrat, SVP-Nationalrat und mächtigster Thurgauer der Welt, greift bei Bedarf ins Portemonnaie und den Weinfelder Eishockey- Freunden unter die Arme. Burgener hingegen, der die Leitung des eigenen Unternehmens (BMG - Burgener Metall und Glasbau) einem Geschäftsführer übergeben hat, setzt auf den finanziellen Support des holländischen Industriellen Wilhelm Bovens aus Bazenheid. Der schiesst rund eine halbe Million Franken pro Jahr in den HC Thurgau ein und liefert Burgener die finanzielle Basis für seine Eisträume.
Die waren ihrer Verwirklichung allerdings schon näher. Nach einem hervorragenden Saisonstart (7 Spiele / 5 Siege) haben die Ostschweizer in den letzten 9 Spielen nur noch einmal gewonnen. Und weil Burgener sein Schweizer Personal für B-Verhältnisse erstklassig entlöhnt - die Rede ist von 8 bis 10 Spielern, die zwischen 75 000 und 85 000 Franken verdienen -, bleibt kein Geld mehr für ausländische Verstärkungen. Von den übrigen B-Klubs spielen nur die GCK Lions ohne Gastarbeiter.
Ein Handgemenge mit Folgen Einer der wichtigsten Leistungsträger stolperte aber ohnehin über die spezielle Hierarchiestruktur im Thurgauer Eishockey. Philippe Lüber, ein 31-jähriger früherer Nationalliga-A- Spieler, und sein Mannschafts-«Kollege» Roland Korsch waren nach der 1:8-Niederlage gegen Langenthal aneinandergeraten. Korsch kassierte eine Ohrfeige (von Lüber) - und Lüber den blauen Brief (von Burgener). Mit präsidialer Gnade konnte der Täter nicht rechnen. Denn Korsch war mit dem Chef schon in den Ferien. Und das ist im «HC Burgener» schon fast eine Stammplatzgarantie.
Loyalitätsstrukturen bringen kein Gebilde weiter. Das die menschliche Komponente zusehends den Bach hinunter gleitet, dies entnimmt man täglich der Presse. Nein, Kreuzlingen ist keine Hockeystadt. Genau so wie die Führung des HCT. Die weder eine Ahnung hat von Fankultur, vom kleinen Büezer überhaupt von Hockeyfans. Sind nur Bittsteller. Die verarsch Preise der Wurst ist ein kleines Detail. Ein wegweisender Wink. Einer von vielen. Herr Burgener ist der richtige Mann. Sicher nicht an der Bande. Einen Teamleiter der zwar Ahnung hat von Hockey aber beruflich null Ahnung hat von Teamführung und Sozialkompetenz ist völlig falsch platziert. Loyalität ist pures Gift für ein gut funktionierendes Team. Der Fisch stinkt im Kopf und schlimm ist es das er es nicht mal merkt.